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Von Baustellen, Regeln und Respekt

Baustellen sind gewiss kein Quell der Freude. Sie sind aber auch kein Grund für Häme, Hetze, Pauschalierungen und Beleidigungen.

Reden wir über… Baustellen. Und dazu gibt es in diesem Jahr eine Menge zu sagen. Nehmen Sie sich die Zeit – es war nämlich richtig was los in den vergangenen Monaten: Die Dauerbaustelle am Kreisverkehr in der Birkenfelder Straße in Wadern wurde ergänzt durch zahlreiche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Ausbau des Glasfasernetzes. Hinzu kamen mehrere Straßensanierungen, die der Landesbetrieb für Straßenbau im Stadtgebiet durchgeführt hat – und natürlich auch Maßnahmen, die wir als Stadt im Rahmen unseres eigenen Sanierungsprogramms umgesetzt haben. Eine Herausforderung für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer, für die Anwohner –  und ganz besonders für die Geschäftsinhaber an den betroffenen Straßenzügen.

Wo gebaut wird, wird es zuweilen schwierig. Nehmen wir das Beispiel Nunkirchen: Hier wurden im Sommer die Landstraßen nach Wadern (L148) und Weiskirchen (L152) saniert. Gleichzeitig musste der Kreisverkehr im Ortszentrum für zwei Tage gesperrt werden. Diese Arbeiten konnten in großen Teilen nur unter Vollsperrung erfolgen, weil die gesetzlichen Bestimmungen das verlangen. Ist die Straße zu schmal, wird das Baufeld zu eng – und die Beschäftigten wären einer nicht vertretbaren Gefährdung ausgesetzt. Anders gesagt: Wenn die Sicherheit der Arbeiterinnen und Arbeiter nicht gewährleistet werden kann, führt an einer Vollsperrung kein Weg vorbei.

Verbindliche Vorgaben bringen Sicherheit

Oft heißt es: „Früher ging das doch mit einer Ampel!“ – das stimmt. Aber die Vorschriften haben sich geändert. Seit 2022 gelten die neuen „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA 21). Sie sind Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung und damit Teil eines verbindlichen Regelwerks. Und an Gesetze haben sich alle zu halten. Sie sind keine Willkür, sondern dienen der Sicherheit – besonders derer, die auf den Baustellen arbeiten bzw. Verantwortung tragen.

Bleiben wir beim Beispiel Nunkirchen: Dort wurden vor Kurzem erneut Bauarbeiten durchgeführt, diesmal zur Herstellung der Glasfaserverbindungen – mitten im Ort. Diese Arbeiten konnten nicht gleichzeitig mit den Sanierungen im Sommer erfolgen, weil beide Maßnahmen direkt nebeneinander lagen: Das Gefährdungspotenzial wäre zu groß gewesen.

Obwohl jeder froh ist, wenn marode Straßen instand gesetzt werden und jeder Glasfaser ins Haus bekommt, haben die zahlreichen Baumaßnahmen im Stadtgebiet für erheblichen Ärger gesorgt. Genau darauf möchte ich eingehen. Gerade im Fall der Glasfaserarbeiten in den letzten Wochen ist der Ton rau geworden. Auch, weil der Landkreis Merzig-Wadern im Vorfeld leider nicht rechtzeitig über die Maßnahme informiert hatte. Das war und ist bedauerlich, es ist aber auch menschlich. Es hätte jedem passieren können – auch uns als Stadt. Doch fehlende Information ist kein Grund, ausfallend zu werden oder sich über Regeln hinwegzusetzen.

Der Ton ist deutlich rauer geworden

Ich weiß nicht, wie oft ich in diesem Sommer gehört habe, ob die, die diese oder jene Maßnahme geplant haben, „noch alle Tassen im Schrank haben“. Die Beschilderung sei unmöglich, die Umleitungen unzumutbar, die Informationspolitik eine Katastrophe. Wörtlich hieß es: „Da sind lauter Deppen am Werk.“ Abgesehen von der jüngsten Baumaßnahme in Nunkirchen wurde jedoch bei allen anderen Projekten umfassend informiert – über Amtsblatt, Zeitung, Facebook, Instagram und unseren WhatsApp-Kanal. Auch wir als Stadt haben jeden verfügbaren Weg genutzt, wohlgemerkt bei Maßnahmen, für die wir gar nicht verantwortlich waren. Wir wollten aber helfen, den Ärger zu reduzieren und dafür sorgen, dass trotz aller Einschränkungen jeder möglichst schnell von A nach B kommt.

Natürlich müssen wir hinnehmen, dass „die Stadt“ für alles verantwortlich gemacht wird – egal, wer tatsächlich plant, baut oder beschildert. Die vielfach kritisierte Beschilderung war in den meisten Fällen übrigens völlig korrekt und wurde mehrfach überprüft. Dass hier und da ein Schild ergänzt oder ein Halteverbot nachgezogen werden musste, ist normal. Wichtig ist, dass flexibel reagiert wurde – und genau das ist auch passiert.

Kritik ist erlaubt, Ärger verständlich. Erschreckend ist jedoch, mit welcher Häme und Boshaftigkeit manche Menschen über jene herziehen, die solche Maßnahmen verantworten. Was in den letzten Wochen auf Facebook und Co. über die Baumaßnahmen in dieser Stadt zu lesen war, geht auf keine Kuhhaut. Besserwisserei ist kein Problem, sie gehört zur menschlichen Natur – aber die Beleidigungen und Anmaßungen, die dort zu lesen waren, zeugen von einer Verrohung des gesellschaftlichen Umgangs, die uns alle aufschrecken lassen sollte.

Regeln gelten eigentlich für alle – eigentlich…

Die Menschen, die Verantwortung tragen, müssen immer gesetzlichen Vorgaben einhalten und Praktikabilität und Sicherheit unter einen Hut bringen. Deshalb fanden etwa die Bauarbeiten des Landesbetriebs in Nunkirchen in den Sommerferien statt – und die Glasfaserarbeiten in den Herbstferien. Weil dann weniger Verkehr unterwegs ist. Doch Behinderungen bleiben bei einem Verkehrsknoten mit rund 30.000 Fahrzeugen täglich unvermeidlich.

Wir leben in einem Land mit über 83 Millionen Fußball-Bundestrainern – und offenbar auch ebenso vielen Baustellenexperten. Das wäre nicht schlimm, wenn die Kritik sachlich bliebe. Doch die Art und Weise, wie teilweise über die Verantwortlichen hergezogen wird, ist unsäglich. Konstruktive Kritik ist selten, beleidigende Anmaßung dafür alltäglich. Die Äußerungen in den sozialen Netzwerken spiegeln zum Glück nicht die Mehrheit wider. Aber was dort zu lesen ist, erschreckt und stimmt nachdenklich.

Natürlich ist es ärgerlich, dass über die Glasfaserbaustelle in Nunkirchen nicht ausreichend informiert worden ist. Aber hätte eine Vorabinformation das Verhalten vieler Verkehrsteilnehmer geändert? Ehrlich gesagt: nein. Schon bei den Arbeiten in Nunkirchen an den Landstraßen nach Wadern und Weiskirchen, die Wochen vorher angekündigt worden waren, wurden Sperrungen ignoriert, Umleitungen missachtet, Feldwege zweckentfremdet und Schleichwege gesucht. Kein Wunder, dass sich Anwohner beschwerten und die Polizei kontrollierte – mit Bußgeldern und Punkten als Folge. Und das alles für fünf, zehn oder auch 15 Minuten mehr Fahrweg…

Viele Bürgerinnen und Bürger fragten in diesem Zusammenhang, warum die Stadt nicht selbst kontrolliert. Dazu muss man wissen: Unsere Ortspolizeibehörde darf den fließenden Verkehr gar nicht überwachen. Diese Zuständigkeit liegt allein bei der Polizei. Wir können Hinweisschilder anregen oder Mängel melden – aber keine Fahrzeuge anhalten oder Verkehrssünder ahnden. Das ist gesetzlich so geregelt und liegt außerhalb unseres Einflusses.

Kommunikation ist viel, aber nicht alles!

Wer also glaubt, die Schwierigkeiten in Nunkirchen seien auf fehlende Kommunikation zurückzuführen, irrt. Das gleiche Bild wie im Sommer wiederholte sich nämlich ab dem 13. Oktober: Schilder wurden ignoriert, Einbahnstraßen falsch befahren, rote Ampeln überfahren, Fußgänger gefährdet. Dafür ist keine Behörde verantwortlich, sondern die Bereitschaft vieler, sich über Regeln hinwegzusetzen – die aus gutem Grund bestehen.

Wie sollen Straßen eigentlich saniert werden, ohne Sperrungen? Wann ist der „richtige Zeitpunkt“ dafür? Wie viele Schilder braucht es, damit sie auch beachtet werden? Und wie weit darf berechtigte Kritik gehen, bevor sie zur Beleidigung wird? Auf diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Aber sie zeigen, wie unsere Gesellschaft tickt: ungeduldig, laut und schnell empört.
Ein Beispiel dafür war auch die Baustelle am Kreisverkehr Birkenfelder Straße in Wadern. Der Schaden am Durchlass der Wadrill stellte die Fachleute vor eine echte Herausforderung. Die Lösung – eine neue Stahlröhre einzuziehen – musste erst entwickelt und genehmigt werden. Das brauchte Zeit. Hinzu kamen das regenreichste Jahr im Saarland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und zahlreiche Vorschriften, die beachtet werden mussten. Die Dauerbaustelle ist nun seit dem 17. Oktober Geschichte, aber die Erkenntnis bleibt: Auch hier gab es ein Heer selbst ernannter Experten, die offenbar genau wussten, „wie man’s besser macht“. Und natürlich die üblichen Kommentare, dass in diesem Land „nichts mehr funktioniert“.

Ja, wir haben in Deutschland zu viel Bürokratie. Aber sie fällt nicht vom Himmel. Sie ist das Ergebnis einer Haltung, in der niemand Verantwortung übernehmen will. Wenn etwas schiefläuft, muss jemand schuld sein – also werden immer mehr Regeln geschaffen, bis am Ende kaum noch Bewegung möglich ist. Das gibt Sicherheit, kostet aber Zeit und Geld.

Mehr Miteinander und mehr Verständnis vonnöten

Warum erzähle ich das alles? Weil es mir nicht nur um Baustellen geht, sondern um den Umgang miteinander. Wir leben in einer Gesellschaft, in der einige jedes Maß verloren haben; Anstand, Respekt und Geduld eingeschlossen. Häme, unfundierte Kritik und Hass waren noch nie gute Ratgeber. Und Ungeduld führt selten schneller ans Ziel – um im Baustellenbild zu bleiben.
Ich hoffe, dass die Erfahrungen dieses Sommers uns allen eine Lehre sind. Denn wer sich im Internet auslässt, ändert nichts an den realen Gegebenheiten. Für diese tragen wir alle Verantwortung – weil Gesetze und Regelungen von Menschen gemacht werden, also von uns selbst.

Wofür werbe ich? Für Verständnis und Miteinander. Weil ich fest daran glaube, dass die meisten Menschen in ihrem Beruf ihr Bestes geben – auch Straßenplaner und Genehmigungsbehörden. Diesen Glauben will und werde ich nicht verlieren. Und ich möchte auch nicht in den Chor der Untergangssänger einstimmen. Je lauter der nämlich wird, desto geringer wird der gesellschaftliche Zusammenhalt.

 


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